Die zweite Jahreshälfte 2022 bereitete aufgrund der tiefgreifenden wirtschaftlichen Umwälzungen und der drohenden Rezession bereits genug Kopfschmerzen für Unternehmen. Zu allem Unglück haben sich auch umfangreiche rechtliche Veränderungen für Arbeitgeber und Beschäftigte in den Angelegenheiten des Arbeitsrechts ergeben. Mit diesem Blogbeitrag möchten wir Sie darüber kompakt und verständlich informieren um Sie bei der Umsetzung zu unterstützen. Für alle in der Schweiz ansässige Unternehmen gelten die nachfolgenden Neuerungen, wenn eine deutsche Niederlassung oder ein Tochterunternehmen besteht oder ein Beschäftigungsverhältnis dem deutschen Recht unterworfen ist oder werden könnte. Zu beachten sind auch die gerichtlichen Zuständigkeiten nach dem Lugano Übereinkommen. Nachweisgesetz Mit Wirkung zum 01.08.2022 wurde das Nachweisgesetz verschärft. Der Katalog des Mindestinhalts von schriftlich niedergelegten Arbeitsverträgen wurde erheblich erweitert. Unter anderem sind nunmehr Vereinbarungen zu Ruhepausen, im Schichtsystem der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen oder besondere Angaben bei Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung, in den schriftlichen Arbeitsvertrag aufzunehmen. Besonders der Hinweis auf die einzuhaltende Frist für die Erhebung von Kündigungsschutzklagen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG) dürfte in den meisten Arbeitsverträgen fehlen. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet den schriftlichen Arbeitsvertrag bereits am ersten Tag der Beschäftigungsaufnahme dem Beschäftigten auszuhändigen. Verstöße gegen das Nachweisgesetz können mit einer Geldbuße von bis zu 2.000,00 € geahndet werden. Ob ein Verstoß auch wirklich geahndet wird, bleibt abzuwarten. Allerdings drohen dem Arbeitgeber bei Verstößen gegen das Nachweisgesetz unter Umständen Nachteile in einem arbeitsrechtlichen Gerichtsverfahren. Wir empfehlen Ihnen die von Ihnen verwendeten Musterarbeitsverträge zu revidieren und an die neuen Bestimmungen anzupassen. Wir können Sie dabei gerne unterstützen. Wir unterstützen Sie gerne! Pflicht zur Einführung eines Zeiterfassungssystems für Arbeitgeber Die Entscheidungsbegründung des bahnbrechenden Beschlusses des BAG (Beschluss vom 13.09.2022 – 1 ABR 22/21) wurden endlich veröffentlicht. Alle Arbeitgeber, ohne Rücksicht auf die Betriebsgröße und die Art der Beschäftigten (also auch Beschäftigte im Homeoffice, Telearbeiter, Auszubildende, Minijobber etc.), sind künftig verpflichtet „ein System einzurichten, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden der Arbeitnehmer in ihrem gemeinsamen Betrieb erfasst werden. Damit besteht für sie eine objektive gesetzliche Handlungspflicht.“ Dies ergibt sich nach dem BAG aus § 3 Abs. 2 Nr. Arbeitsschutzgesetz. Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz können mit Geldbußen von bis zu 30.000 € geahndet werden, in schwerwiegenden Fällen ist auch eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe möglich, auch wenn ohne gesetzliche Grundlage derzeit nicht mit Geldbußen oder Strafbarkeiten zu rechnen ist. Das BAG hat in seinen Urteilsgründen nicht konkretisiert wie ein solches Zeiterfassungssystem auszusehen hat. Fest steht, dass nicht zwangsläufig ein elektronisches System eingeführt werden muss. Das Zeiterfassungssystem muss jedoch objektiv, verlässlich und zugänglich sein. „Bei der Auswahl und der näheren Ausgestaltung […] ist jedoch zu beachten, dass die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer […} keinen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen.“ Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber entsprechend handeln wird. Es bietet sich aber schon jetzt an, ein entsprechendes, den Anforderungen des BAG entsprechendes Zeiterfassungssystem einzuführen. Nicht nur, dass Sie auch andere Werte als die reine Arbeitszeit, wie Produktivität, Umsatz pro Auftrag, Pausenzeiten erfassen und messen können, man spart sich auch die Diskussionen um angeblich geleistete Mehr- oder Minderarbeit. Sollten Sie noch kein Zeiterfassungssystem errichtet haben, empfehlen wir Ihnen dringend sich mit der Einführung eines Zeiterfassungssystems zu beschäftigen. Für diejenigen, die ein System bereits eingerichtet haben, kann es sich empfehlen das System entsprechend der Ausrichtung am Arbeits- und Gesundheitsschutz und nach den Vorgaben des BAG und dem Beschäftigtendatenschutz zu revidieren. Wir unterstützen Sie dabei gerne, auch bei der Auswahl eines Systems in Zusammenarbeit mit unserem IT-Dienstleister Systemhaus Tröndle GmbH Kontaktieren Sie uns jetzt. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Holschuld der Arbeitgeber Haben Sie gewusst, dass knapp 70 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen pro Jahr in Papierform ausgestellt werden? Ab 01.01.2023 ist damit Schluss. Bis auf wenige Ausnahmen wird der gelbe Zettel aus dem Alltag eines Unternehmens verschwinden, denn ab 01.01. sind alle Arbeitgeber verpflichtet die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch abzurufen. Die bislang übliche Bringschuld des Beschäftigten dem Arbeitsgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform zur Verfügung zu stellen, wird ab 01.01. zur Holschuld. Die Arbeitnehmer sind nur noch verpflichtet den Arbeitgeber über eine Arbeitsunfähigkeit in geeigneter Form zu informieren. Die Verpflichtung des Beschäftigten spätestens zum dritten Tag der Krankheit eine Arbeitsunfähigkeit festzustellen lassen entfällt hingegen nicht, lediglich die Pflicht zur Vorlage der Bescheinigung beim Arbeitgeber. Entsprechende Kündigungen aufgrund der Nichtvorlage einer Bescheinigung wären daher unwirksam. Die Beschäftigten werden voraussichtlich weiterhin einen Nachweis in Papierform vom behandelnden Arzt zu Beweiszwecken erhalten, z.B. falls die Datenübertragung fehlschlägt. Sollte ein Abruf nicht möglich sein oder aus anderen Gründen fehlschlagen, sollten Sie den Beschäftigten um den Nachweis in Papierform bitten, verbunden mit dem Hinweis auf die fehlgeschlagene Übertragung. Bei der Umsetzung des Abrufs der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die arbeitsrechtlichen Implikationen unterstützen wir Sie gerne. Jetzt einen Beratungstermin vereinbaren. Zurück zur Newsübersicht
Das könnte Sie auch interessieren: Fachnews vom 20. Juni 2024 Datenschutz Aus dem Datenschutz-Blog: AI-Act – ein Überblick Der sog. Artificial Intelligence Act (AI-Act, KI-Gesetz) wurde am 13. März 2024 vom Europäischen Parlament beschlossen und am 21. Mai 2024 von den Mitgliedsstaaten der EU verabschiedet. Dieses Gesetz definiert erstmals einheitliche Standards zur Regulierung des Einsatzes von KI-Systemen in der EU. … Weiterlesen … Aus dem Datenschutz-Blog: AI-Act – ein Überblick Fachnews vom 22. Mai 2024 Datenschutz Aus dem Datenschutz-Blog: Die Zulässigkeit digitaler Entgeltabrechnungen Es ist mittlerweile üblich, dass wir Rechnungen und Dokumente digital erhalten. Zu denken sind an Rechnungen von Mobilfunk- oder Stromanbietern oder recht neu auch das eRezept oder die eAU. Stutzig werden wir, wenn die Entgeltabrechnung von Arbeitgebern digital zur Verfügung gestellt wird. In einer … Weiterlesen … Aus dem Datenschutz-Blog: Die Zulässigkeit digitaler Entgeltabrechnungen Fachnews vom 02. Mai 2024 Datenschutz Aus dem Datenschutz-Blog: eAU: Neuerungen für Arbeitgeber Seit dem 01.01.2023 gilt für Arbeitgeber die Pflicht, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ihrer Beschäftigten digital abzurufen. Mit diesem elektronischen Meldeverfahren kommen auch datenschutzrechtliche Anpassungen auf den Arbeitgeber zu. In diesem Artikel möchten wir einen Überblick über das … Weiterlesen … Aus dem Datenschutz-Blog: eAU: Neuerungen für Arbeitgeber Fachnews vom 26. März 2024 Datenschutz Aus dem Datenschutz-Blog: Die NIS2-Richtlinie und deren Umsetzung In Zeiten des digitalen Wandels rückt das Thema der Cybersicherheit, insbesondere für kritische Infrastrukturen, immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Es wird von einer signifikant gestiegenen Bedrohungslage für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft gesprochen. Weiterlesen … Aus dem Datenschutz-Blog: Die NIS2-Richtlinie und deren Umsetzung Fachnews vom 06. März 2024 Datenschutz Aus dem Datenschutz-Blog: DSA, DMA, AIA, NIS2 – Die Erweiterung des EU-Regelwerks für digitale Sachverhalte Was sich anhört wie ein Satz aus einem beliebten deutschen Rap-Lied ist tatsächlich Teil der EU-Digitalisierungsstrategie für digitale Sachverhalte. Wir schauen hinter die Kürzel und zeigen, was 2024 und darüber hinaus wichtig wird und ist. Weiterlesen … Aus dem Datenschutz-Blog: DSA, DMA, AIA, NIS2 – Die Erweiterung des EU-Regelwerks für digitale Sachverhalte Fachnews vom 27. Februar 2024 Datenschutz Einwilligung – Drahtseilakt zwischen rechtlicher Ausgestaltung und praktischer Handhabung Es begegnet uns nahezu alltäglich – das Erfordernis der Einwilligung. Im beruflichen wie auch im privaten Kontext. In der datenschutzrechtlichen Praxis finden sich vereinzelt die unterschiedlichsten Vorlagen und Muster, welche komprimiert den notwendigen Inhalt der Einwilligung wiedergeben. Meist … Weiterlesen … Einwilligung – Drahtseilakt zwischen rechtlicher Ausgestaltung und praktischer Handhabung Fachnews vom 24. Januar 2024 Datenschutz Interne Mitteilungen über Beschäftigte Manche Dinge sind so trivial, man macht sie einfach. Aus Nettigkeit, aus Rücksicht, aus Freude, weil man eben muss oder eben gerne möchte. Was ist schon dabei, dem lieben Arbeitskollegen zum Geburtstag zu gratulieren, der Kollegin zur Beförderung anerkennend auf die Schulter zu klopfen oder der … Weiterlesen … Interne Mitteilungen über Beschäftigte Fachnews vom 15. August 2023 Datenschutz EU-US Data Privacy Framework – was lange währt wird endlich gut? Was lange währt wird endlich gut – oder bietet der Angemessenheitsbeschluss doch nur eine neue Rechtsgrundlage auf Zeit? Was der neue Beschluss mit sich bringt und was das für Sie bedeutet finden Sie im folgenden Beitrag. Weiterlesen … EU-US Data Privacy Framework – was lange währt wird endlich gut? Fachnews vom 06. Juli 2023 Datenschutz Zum Stand des Angemessenheitsbeschlusses zwischen der EU und den USA Mit seinem Urteil vom 16. Juli 2020 hat der EuGH den Nachweis eines angemessenen Datenschutzniveaus durch die Privacy Shield-Zertifizierung aberkannt (Urteil v. 16.07.2020, Az. C‑311/18, Schrems II). Seit diesem Urteil fehlt es für die Übertragung personenbezogener Daten in die USA in vielen Fällen … Weiterlesen … Zum Stand des Angemessenheitsbeschlusses zwischen der EU und den USA Fachnews vom 20. Juni 2023 Datenschutz Gruppenpostfächer – Personendaten in vielen Händen Jedes Unternehmen hat mindestens eins davon: Ein Gruppenpostfach. Mit dem Allrounder unter den E‑Mail-Postfächern lassen sich mit wenig Aufwand mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Um das datenschutzrechtliche Niveau zu halten, muss bereits bei der Anlage eines Gruppenpostfachs Sorgfalt … Weiterlesen … Gruppenpostfächer – Personendaten in vielen Händen Fachnews vom 07. Juni 2023 Datenschutz Das Verbandbuch und der Datenschutz Die erforderliche Aufzeichnung geleisteter Erste-Hilfe-Maßnahmen in Unternehmen, Behörden, Kindertageseinrichtungen und in Schulen erfolgen in der Praxis meist in sogenannten Verbandbüchern. Wie sind diese Aufzeichnungen datenschutzrechtlich zu bewerten und was gilt es bei der Organisation der … Weiterlesen … Das Verbandbuch und der Datenschutz Fachnews vom 16. Mai 2023 Datenschutz Die Revision der ISO/IEC 27001:2022 und der Datenschutz Die im Oktober 2022 veröffentlichte ISO/IEC 27001 in der Version 2022 löst die ISO/IEC 27001:2013, wohl wichtigste Norm zur Informationssicherheit, ab und rückt den Datenschutz stärker in den Fokus. Weiterlesen … Die Revision der ISO/IEC 27001:2022 und der Datenschutz < >